StatistikTage 2013: Ursachen und Folgen des demographischer Wandels

Am 25. und 26. Juli fanden die 2. Statistik-Tage Bamberg|Fürth unter dem Titel „Ursachen und Folgen des demographischen Wandels“ statt. Experten aus amtlicher und wissenschaftlicher Statistik sowie Referenten aus angrenzenden Forschungs- und Praxisbereichen informierten Fachwelt und Öffentlichkeit zu Themen rund um den demographischen Wandel. Organisiert wurde die Tagung im Rahmen des Statistik Netzwerks Bayerns von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und dem Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung.

In vier Vortragsblöcken zu den Themen „Bevölkerungsstatistik“, „Ursachen des demographischen Wandels“, „Gesamtgesellschaftliche Auswirkungen“ und „Folgen für die Regionalentwicklung und -planung“ wurde dem Publikum verschiedene Aspekte des demographischen Wandels näher gebracht.

Prof. Dr. Henriette Engelhardt-Wölfler (Otto-Friedrich-Universität Bamberg) und Dr. Michael Fürnrohr (Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung) stellten die wichtigsten Ergebnisse des Zensus zur bayerischen Bevölkerung vor und gingen insbesondere auf die Ursachen der Abweichungen der Zensusergebnisse von den Daten der Bevölkerungsfortschreibung sowie auf die Folgen für verschiedene demographische Indikatoren ein. Anschließend führten Frau Prof. Dr. Susanne Rässler (Otto-Friedrich-Universität Bamberg) und Frau Daniela Lamprecht (Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung) in verschiedene Bevölkerungsprognoseverfahren ein. Dabei wurde die im Landesamt verwendete deterministische Kohorten-Komponentenmethode neuen Simulationsmodelle gegenübergestellt und die Grundlagen und weiteren Nutzungsmöglichkeiten von Monte-Carlo-Verfahren aufgezeigt.

Im zweiten Vortragsblock wurden Ursachen des demographischen Wandels diskutiert. Prof. Dr. Norbert F. Schneider (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung) legte dar, dass die generativen Strukturen in Deutschland im europäischen Vergleich zahlreiche Besonderheiten aufweisen. Sie können, neben den veränderten Sterblichkeitsverhältnissen, als die zentrale Ursache für den demographischen Wandel gelten. Prof. Dr. Roland Rau (Universität Rostock) referierte über Ursachen hoher Lebenserwartung und Langlebigkeit. In vielen westlichen Ländern steigt die Lebenserwartung seit mehr als hundert Jahren. Prof Rau stellte diese Entwicklung dar, erläuterte aber neben exemplarischen Trends auch Ausnahmen wie Dänemark oder die USA. Herr Stefan Rühl (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, BAMF) ging auf das Migrationsgeschehen in Deutschland und Bayern ein, das Alterungs- und Schrumpfungsprozesse verlangsamen kann.

Am zweiten Tag standen zunächst die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen des demographischen Wandels im Mittelpunkt. Prof. Dr. Ralf E. Ulrich (Institut für Bevölkerungs- und Gesundheitsforschung der Universität Bielefeld) leitete zunächst mit einem Vortrag über Auswirkungen der demographischen Alterung auf die Kosten im Gesundheitswesen ein und legte dar, dass viele – jedoch nicht alle – Krankheiten eine mit dem Alter steigende Prävalenz zeigen. Die Betrachtung der sich aus der demographischen Alterung ergebenden Veränderung des Krankheitspanoramas und des zu erwartenden Anstiegs der Krankheitskosten wurde ergänzt durch eine Abschätzung der Auswirkungen der Alterung auf die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Dr. Waldemar Schmidt (Institut für Gerontologie an der TU Dortmund) schloss sich mit einem Vortrag zum Thema Vergreisung und Verschuldung an und zeigte, dass die komplexe Lebenswirklichkeit älterer Personen nicht nur mit ihren Defiziten, sondern auch mit ihren Potenzialen in den Blick genommen werden muss, um gesellschaftspolitische Anforderungen und Gestaltungspotenziale im Zuge des demographischen Wandels fundiert einschätzen zu können. Zum Abschluss des dritten Themenkomplexes sprach Dr. Carsten Pohl (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB) über die Auswirkungen des demographischen Wandels auf den Arbeitsmarkt. Entgegen der häufig formulierten Ansicht, dass die künftige Alterung der Bevölkerung die Arbeitslosenzahlen in Deutschland deutlich sinken lassen werde, stellte Dr. Pohl dar, dass die Auswirkungen des demographischen Wandels auf den Arbeitsmarkt keineswegs eindeutig vorgezeichnet sind. Insgesamt zeigen die Ergebnisse jedoch tendenziell, dass kleinere Arbeitsmarkteintrittskohorten die Lage von Arbeitssuchenden verbessern.

Die Statistik-Tage endeten mit dem praxisnahen Themenfeld der Folgen für die Regionalentwicklung und -planung. Zunächst referierte Dr. Steffen Maretzke (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung BBSR) über Herausforderungen des demographischen Wandels für Länder, Regionen und Kommunen. Der demographische Wandel vollzieht sich regional sehr differenziert. Es wurde eine Typisierung der Regionen nach dem Spektrum wesentlicher demographischer Herausforderungen vorgestellt. Langfristig kann man davon ausgehen, dass sich die Strukturschwäche oder -stärke einer Region auch weiterhin mehr oder weniger direkt in ihren demographischen Strukturen und Trends niederschlagen wird. Es folgte Frau Prof. Dr. Sonja Haug (Institut für Sozialforschung und Technikfolgenabschätzung der Hochschule Regensburg) mit ihrem Vortrag zur Bevölkerungsstatistik auf kommunaler Ebene vor dem Hintergrund von Internationalisierung und Integration. Der Beitrag befasste sich mit Veränderungen der Bevölkerungsstruktur durch Migration, dabei lag der Fokus auf der Beschreibung des Bevölkerungsbestands im Rahmen von Integrationsberichterstattung und -monitoring. Aus der Praxis für die Praxis – nach diesem Motto schlossen die diesjährigen Statistik-Tage mit einem Bericht von Herrn Wolfgang Borst, dem Vorsitzenden der Gemeinde-Allianz Hofheimer Land. Die Strategien und Maßnahmen dieses Zusammenschlusses von sieben unterfränkischen Kommunen erhalten und fördern erfolgreich lebendige Ortsmitten in einer eher strukturschwachen und vom demographischen Wandel stärker betroffenen Region Bayerns.

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